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Spanische Zeder | relative Luftfeuchte | Hygrometer kalibrieren | Messprinzipien für Feuchte |



Mit Feuchtigkeit bezeichnet man den Wassergehalt eines Stoffes. Wie jeder andere Stoff hat auch Luft nur nur eine begrenzte Aufnahmefähigkeit für Wasser. Diese Grenze nennt man Sättigung. Unterhalb der Sättigung ist feuchte Luft für das Auge nicht von trockener zu unterscheiden, oberhalb der Sättigung fällt der überschüssige Wasseranteil als Nebel in Form feiner Wassertröpfchen aus.

Die aufgenommene Wassermenge bei Sättigung ist temperaturabhängig und steigt stark progressiv mit ihr an. Bei 0°C beträgt die Sättigung 4,9 g Wasser/Kubikmeter, bei 20°C sind es bereits 17,3 g Wasser/Kubikmeter.

Die absolute Feuchtigkeit berechnet sich aus folgendem Verhältnis: Gewicht des in der Luft enthaltenen Wassers / Rauminhalt der betrachteten Luftmenge.

Die relative Luftfeuchte berechnet sich wie folgt: Momentane absolute Luftfeuchte / größtmögliche absolute Feuchtigkeit (bei gleicher Temperatur).

Nun gibt es einen sehr wichtigen Sachverhalt. 70% relative Luftfeuchte sind nicht gleich 70% relative Luftfeuchte.?

Wir haben gesehen, dass bei 0°C die Sättigung bei 4,9 g Wasser/Kubikmeter erreicht ist. 70% entsprechen also 4,9 x 0,7 = 3,43 g Wasser/Kubikmeter.

Bei 20°C liegt die Sättigung bei 17,3 g Wasser/Kubikmeter, 70% sind demnach 17,3 x 0,7 = 12,11 g Wasser/Kubikmeter.

In beiden Fällen haben wir nun eine rel. Luftfeuchte von 70%. Nur einmal sind rund 3,4 g Wasser/Kubikmeter enthalten, das andere Mal rund 12 g Wasser/Kubikmeter Luft enthalten.



Stimmt folgender Gedankengang wirklich?
Wenn man davon ausgeht, das Zigarren am besten bei einem Feuchtigkeitsgehalt von 12-14% zu rauchen sind (Sie brennt gleichmäßig bei gutem Zug, wird nicht beißend oder geht ständig aus. Der Tabak entfaltet so sein volles Aroma), dann können Sie nachvollziehen, wie unsinnig es ist, Zigarren möglichst kühl bei 70% rel. Luftfeuchte zu lagern.

Angenommen Sie lagern Ihre Zigarren in einem Keller bei 12°C und 70% rel. Luftfeuchte. Dann enthält Ihre Zigarre gerade mal 7,5 % Wasser. Wenn Sie die Zigarre dann auf Zimmertemperatur bringen sinkt die Feuchtigkeit nochmals ab.

Um sich im Rahmen der empfohlenen 12-14% relativer Luftfeuchte zu bewegen, könnte man theoretisch folgendes Schema benutzen:
Temp. in C° Notwendige rel. Feuchte um 13% Wasser in der Zigarre zu erzeugen
15 100%
16 95%
17 89%
18 84%
19 79%
20 75%
21 70%
22 66%
23 63%
24 59%
25 56%
26 53%
27 50%
28 47%
29 45%

Wenn Sie mal bei Urs Portmann in Kreuzlingen waren, dann achten Sie mal darauf, wie er seine Zigarren lagert. Bei 18°C und ca. 80% rel. Luftfeuchte - perfekt und eben nicht zu feucht, wie manch einer denkt.

Sie sehen, dass die landläufige Empfehlung, Zigarren bei ca. 70-75% rel. Luftfeuchte zu lagern, sich auf eine Temperatur von 20-21°C bezieht. Sie können nun auch nachvollziehen, warum oftmals im Sommer die Zigarren zu schimmeln beginnen. Wenn Sie bei einer Temperatur von 27°C tatsächlich 75% rel. Luftfeuchte im Humidor haben, dann entspricht dies nicht mehr den empfohlenen 13 % Wassergehalt in der Zigarre, sondern 18,3%. Nicht viel mehr- aber eben doch zuviel.

Wenn Sie Ihre Zigarren in einem Keller mit 12°C lagern, dann ist es physikalisch gar nicht mehr möglich, einen Wassergehalt von etwa 13% in der Zigarre zu erreichen, da hierzu eine rel. Luftfeuchte von über 120% erforderlich wäre. Sie müssten dann Nebel und Kondenswasser im Humidor haben. Dann schimmeln die Zigarren aber auch.

Wenn Sie die Zigarren optimal lagern wollen, dann ist eine Temperatur von 18°C bei einer rel. Luftfeuchte von 75% bis 80% genau das richtige.

Das alles klingt eigentlich recht logisch. Zumindest stimmt der Zusammenhang von rel. Feuchte und Temperatur absolut. Aber trifft der so dargestellte Sachverhalt tatsächlich in dieser Form auf die Zigarrenlagerung zu?

Kinetische Gastheorie
Alles Unsinn! Sagen die Anderen. Lagere Zigarren immer bei 70-72% rel. Feuchte, unabhängig von der Temperatur!
Folgende Begründung:
Eine Zigarre besteht größtenteils aus Protein- und Kohlenstoffmolekülen. Diese haben, aufgrund Ihrer Molekularstruktur, eine hohe Affinität, Wasser an sich zu binden. Bei einer bestimmten Menge an gebundenem Wasser in der Zigarre lässt sich diese optimal rauchen, sie ist geschmeidig und reift optimal.

Nun wird es interessant. Je höher die Temperatur der Luft ist, desto leichter geht Wasser in den Dampfzustand über. Es hat eine höhere kinetische Energie und damit lagert es sich nicht mehr so leicht an die Zigarre an, bzw. bindet sich nicht so leicht zwischen den Trägermolekülen (Protein- und Kohlenstoffmoleküle) der Zigarre. Zwar ist absolut gesehen bei höherer Temperatur und identischer rel. Luftfeuchte der absolute Wassergehalt der Luft höher als bei niedrigerer Temperatur, jedoch verhindert die höherer kinetische Energie der Wassermoleküle ein übermäßiges Anlagern von Wasser an die Protein- und Kohlenstoffmoleküle der Zigarre.

Ergo: Unabhängig von der Temperatur lagert eine Zigarre bei einer rel. Feuchte von 70-72% Wasser gerade die optimale Menge an Wasser an.

Im Bereich von 60-80% ist dieser Zusammenhang weitgehend linear. Welcher Effekt aber letztendlich überwiegt - die größere Menge an Wasser in der Luft oder aber die geringere Bindungsfähigkeit des Wassers durch die höhere Temperatur kann ich mit letzter Gewissheit nicht sagen.

Eines aber weiß ich: Seit 13 Jahren lagere ich meine Zigarren bei ca. 73-75% rel. Feuchte ohne eine Temperaturanpassung vorzunehmen. Im Sommer ist es im Humidor wärmer, im Winter kälter. Sei's drum. Wenn die Feuchte stimmt, dann ist mir persönlich die Temperatur weitgehend egal. Und den Zigarren offenbar auch.

Fazit
Die 70% scheinen ein sinnvoller Praxiswert zu sein, wenn wir uns in einem Temperaturbereich von 15-30°C bewegen. Ich habe selbst den Versuch gemacht und Zigarren bei 30°C und 55% gelagert. Ergebnis: Die Zigarre ist unrauchbar. Andererseits sehen wir bei Urs Portmann in Kreuzlingen einen begehbaren Humidor mit über 80% rel. Feuchte und die Zigarren schimmeln nicht und rauchen sich perfekt. Was also stimmt nun?

Ausreichend Frischluft
Von größter Wichtigkeit für eine fachgerechte Lagerung ist ein ganz anderer, oft wenig beachteter Einflussfaktor. Die Frischluftzufuhr. Lagern Sie Zigarren bei 60% rel Feuchte in einer Tupperschüssel und die Zigarre verschimmelt. Lagern Sie die Zigarre bei 85% rel. Feuchte im offenen Raum - und es passiert gar nichts.

Viel wichtiger als "Feuchte und Temperatur" zu diskutieren ist es, "Feuchte und Frischluftzufuhr" in einem Atemzug zu nennen. Nicht jeder kann und will ein elektronisches Befeuchtungssystem einsetzen, bei dem Sie jede beliebige rel. Luftfeuchte einstellen und die Luft optimal zirkulieren kann. Ein vernünftiges Hygrometer ist daher nicht ganz so überflüssig, wie manchmal behauptet wird. Sicher - Technikgläubigkeit ist unsinnig, die Zigarren müssen sich weich und geschmeidig anfühlen, aber zur Kontrolle ist ein Hygrometer doch recht sinnvoll (vorausgesetzt, es ist richtig kalibriert und zeigt das richtige an).

Achten Sie immer auf ausreichende Frischluftzufuhr. Regelmäßiges Öffnen und Auslüften des Humidors tut den Zigarren nur gut und verhindert den typischen Humidor-moder-gammelgeruch.

Um Ihnen den Rest zu geben - die rel. Luftfeuchte ist auch abhängig vom Luftdruck. Diesen Zusammenhang behandeln wir hier aber nicht. Es würde die Sache nur völlig unnötig verkomplizieren. Und eine meteorologische Betrachtung der Zigarrenlagerung ist dann doch eher etwas für Herrn Kachelmann... Oder rauchen Sie auch nur bei 780 hcpascal?

"Mit freundlicher Genehmigung von Marc André, www.humidorbau.de"
Wenn eine Frau die Vorlieben eines Mannes einschließlich seiner Cigarren kennt, und er weiß, was Frauen lieben, sind beide füreinander gerüstet.
Colette